Ein Custombike auf das Minimum reduziert
Wenn man ein Custombike baut, dann ist es für den einen, das Maximum an Teilen an einem Bike zu verbauen und für den Anderen, ein Bike so minimalistisch zu bauen, wie es möglich ist. Michael Naumann beherrscht beide Varianten, doch die Simple Iron sollte ein minimalistisches Bike werden, das so pur ist, wie ein guter Whisky ohne Eis und Cola.
Was für Michael ein simples Stück Eisen ist, hat es bei genauerer Betrachtung allerdings Faust dick hinter den Ohren. Schaut man sich nur den Antriebsstrang an, so wird man feststellen, dass hier irgendetwas nicht stimmen kann. Unter den für die Iron Head Sportster typischen Zylindern werkelt zwar das dazugehörige Motorgehäuse, allerdings ist das eigentlich untrennbar, seit jeher Sportster-typisch, mit dem Getriebe verbunden. Wer so einen Eisenkopf jemals auseinandergenommen hat, weiß auch, dass diese, im Gegensatz zu vielen anderen Herstellern, über zwei getrennte Kreisläufe für das Öl verfügen. „Man muss eigentlich nur deren Verlauf kennen“, so Michael, „dann weiß man auch, wo man die Säge ansetzen muss“. Wir nehmen das einfach mal so hin und staunen weiter, denn wenn das originale Getriebe ab ist, stellt sich die Frage, wie die Kraft zukünftig übertragen werden soll? Genau dazu viel die Wahl auf ein 68er Big-Twin Getriebe, das nun separat gelagert werden konnte. Für die Verbindung von der Antriebswelle zum Schaltkasten vertraute man dann wieder auf die Fähigkeiten von Sven Naber, der mit seiner Firma NH-Power schon so manchem Bike zu einer optimalen Kraftübertragung verholfen hat. Für den Sekundärantrieb schließlich eine Kette zu verbauen, dürfte dabei tatsächlich verhältnismässig einfach gewesen sein.
Das dieser Antriebsstrang in keinen serienmässigen Rahmen passt, liegt auf der Hand, so dass Michael auch diesen eigens für das Projekt anfertigte. Statt Rohren wählte er eine Konstruktion aus Flacheisen, was ungleich schwieriger umzusetzen ist, als Rundeisen zu verbiegen. Die Dämpferelemente für das Hinterrad wurden, wie bei einer Softail unter dem Getriebe gelagert. Schwinge, samt komplettem Frontend sind ebenfalls auf den Werkbänken in Schermbeck entstanden, was auch für sämtliche Karosserieteile gilt. Sitz und Heckteil, so wie der Tank wurden sauber aus Stahl-Blechen in Form gebracht, was bei genauer Betrachtung so sauber gearbeitet wurde, dass man Michael schon fast als begnadeten Mann an der Blechschere und am Schweissgerät bezeichnen kann. Er sagte in seiner typisch bescheidenen Art, das es doch gar nicht so kompliziert sei, einige Pappschablonen zu bauen und dass ganze dann in Blech umzusetzen. Mit der Aussage hat er sicherlich recht, denn für Walter Röhrl war es auch nicht schwer, mit dem Audi alle Rallys zu gewinnen und Elvis fand es auch nicht besonders schwierig, ein Millionenpublikum in seinen Bann zu ziehen, denn wenn man etwas im Blut hat, dann ist alles „nicht so schwierig“.
Das faszinierende an den Naumann Bikes ist, dass der Airbrusher ebenfalls einen recht einfachen Job hat, denn die Blechteile sind nicht mit zentimeterdickem Spachtel bedeckt, sondern bedürfen maximal kleinen Korrekturen, was schon alles über die Qualität der Arbeit aussagt. Man könnte über dieses Bike tatsächlich noch zahlreiche Seiten schreiben.